Es ist Mittwoch. Nach einer Reihe kühler, feuchter, grauer Tage, die mich an den Herbst denken ließen und mich dazu brachten, Chai mit Honig zu trinken und Käsenudeln mit in Butter gebratenen Apfelschnitzen zu kochen und einmal sogar dazu, den ganzen Sonntagnachmittag vor dem Kaminfeuer im Wohnzimmer zu verbringen, ist der Sommer zurückgekehrt. Und zwar in seiner schönsten Form: als Spätsommer. Das Licht ist weicher, die Sonne wärmt mich gnädig durch und durch. Die Farben im Garten sind sattes, goldenes Gelb und stumpfes Dunkelgrün, mit dem rosa und weißen Strahlen von Duftwicken, Phlox und Heidekraut dazwischen. Die ersten Späthimbeeren leuchten pink unter den Blättern hervor, die Hagebutten färben sich rot und der große Walnussbaum hinten im Garten wirft mit den ersten Nüssen. Und morgens und abends ist die Luft trotz aller Sonne des Tages kühl und frisch.
Der September und diese Art von Spätsommerwetter sind mir am liebsten. Schon sehr lange. Dummerweise lösen sie in mir eine ziemlich große Sehnsucht nach neuen Orten, Urlaubszeit und Ausflügen, langen, faulen Spaziergängen und verbummelten Vormittagen in Cafés mit Milchkaffee und Pflaumenkuchen aus. Denn was steht eigentlich an? Sehr frühes Aufstehen, Effizienz am Morgen, um in gegebener Zeit Frühstück, Trinkflaschenauffüllung und Brotdosenbestückung für Linus zu ermöglichen. Warum vergehen die Minuten vor halb acht eigentlich so viel schneller als die nach halb zehn? Die Kitatour. Jeden Morgen und Nachmittag die gleiche Strecke, die mich jetzt schon so langweilt, dass ich auf dem Rückweg manchmal extra kleine Umwege fahre. Arbeit. Ich mache meine Arbeit ganz gerne im Moment. Meine Kolleg*innen sind wirklich toll, die Themen interessieren mich. Ich habe ziemlich freie Hand in der Gestaltung meiner Arbeit. Ich nehme sie ernst, aber nicht so ernst, dass ich mich in Selbstzweifeln verliere oder mir Sorgen mache. Es gibt keine großen Unstimmigkeiten oder Probleme. Aber der September lockt halt gerade so…
Wenn die Kinder und ich nachmittags endlich alle aus Kita, Schule, Homeoffice und Verschnaufspause auftauchen, ist der Tag schon ganz schön weit fortgeschritten. Passt nicht so ganz in diese paar Stunden zwischen Pflicht und Abendessen, mein Septembersehnsuchtsprogramm. Und abends haben Daniel und ich nach dem Ins-Bettbringen und Dinge erledigen auch nicht wirklich mehr die Muße und Energie für irgendwas. Fernsehen und schlafen geht. Meistens. Wenns richtig gut kommt, lesen* Hmmm. Da muss ich wohl kreativ werden. Denn schließlich ist der September im Moment einfach zu schön, um nicht genossen zu werden :)
* Apropos lesen: Ich bin vor ein paar Tagen auf Instagram über ein Bild des Buches „Greenglass house“ gestolpert. Und das Cover hat mich direkt so angesprochen, dass ich geguckt habe, ob es vielleicht im Onlineangebot der Bücherhallen zu finden ist – ist es, als E-Book auf Englisch über Libby. Und es ist sooo toll! Kann ich von Herzen sagen, denn ich habe es innerhalb von drei Tagen weggelesen (das sagt viel aus im Moment ;-). Es ist als Jugendbuch eingeordnet. Ich finde, man kann es ganz wunderbar auch als Erwachsene lesen. Hier gibt es eine kurze Beschreibung des Buches auf der Seite des Verlags, der es in Deutschland verlegt. Und auch wenn es im tiefsten Winter spielt, ist es im Spätsommer genauso ein Lesegenuss. Für mich bisher zusammen mit Iris Wolffs „Die Unschärfe der Welt“ das Lieblingsbuch meines Lesejahres.